Die Realität
- Kira
- 21. Juli 2018
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Aug. 2018
Nach fast 4 Monaten in meiner Familie denke ich, auf dem Boden der Tatsachen angekommen zu sein, der Alltag ist eingekehrt und die erste aufregende Zeit ist vorbei.

Sehen wirs mal negativ:
Meine Familie hat einen kompletten Dachschaden. Das Lieblingswort ist "be careful" (das höre ich am Tag mindestens 10x) und dass das Kristis erstes Wort nicht war, ist gerade alles. Diese Ängstlichkeit kommt von Yasi und vor allem von ihrer Mutter (Grandma). Bestes Beispiel: Klara und Kamran waren im Camp, Grandma hatte Kate und ich Kristi. Ich frag Yasi ob ich mit Kristi zum Spielplatz darf (der 2 min zu Fuß hier direkt in der Nachbarschaft ist). Yasi sagt nach langem Zögern ja, ich soll es aber mit Grandma besprechen. Ich geh zu Grandma, will es nicht mal besprechen, sondern ihr lediglich mitteilen, dass wir gehen und Grandma verbietet es mir, weil wir könnten ja erschossen werden. Erschossen?! Seriously?! Hier wohnen nur Familien, keine Drogen, keine Verbrecher, keine was weiß ich... Ich darf mit den Kindern nur das Haus verlassen um sie zum Camp, Schule, Kindergarten oder Violine zu fahren. All meine au pair Freunde gehen auf den Spielplatz, in den Zoo, playdates.... Und ich so, nur zu Hause (aktuell sind Ferien von Mai bis Septmeber) den ganzen Tag mit vier Kindern im Haus (weil für draußen im "Garten" zu spielen ist es ja auch zu heiß, ohne Klimaanlagen können Amis sowieso nicht übereben (die spinnen die Amis)). Und glaubt mir den ganzen Tag mit Kindern in einem Haus fest zu sitzen für mehr als 10h/tag, 5 tage die Woche, ist echt Horror. Eigentlich bekomme ich von dem Sommer hier gar nicht so viel mit, weil im Haus sind die Fenster zu, die Klimaanlage an und die Sonne kann ich auch meist nur erahnen. Nächste Woche haben die weui großen zum Glück wieder Camp (von 9-12 Uhr) für zwei Wochen, aber das heißt ich komme endlich mal wieder raus (und natürlich die Kinder), wenn auch nur zum Autofahren. Und jeder der mich gut kennt weiß, ich liebe die Sonne und das warme Wetter und ich muss schon sagen, das ist ziemlich hart hier für mich so eingeschlossen zu sein, während draußen der Sommer ist (wo ist meine Terrasse...?) By the way wird gerade hinter dem Haus eine kleine Terrasse gebaut für Grillpartys, die wird aber erst im September fertig sein und bis dato gibt es keinerlei Möglichkeit draußen im "Garten" (oder auch Wiese) zu sitzen. Ach ja und ich muss jeden Abend um 12 Uhr zu Hause sein, auch am Wochenende, wie alt bin ich bitte? Dieser Schock von selbstständig und selbstbestimmt leben, zurück in ein Haus mit so viel Regeln ist nicht ganz so einfach.
Nächster Punkt in dem sie völlig spinnen: Hygiene. Die Kinder wechseln jeden Abend ihren Schlafanzug (ja genau, das heißt Wäscheberge für mich) und duschen/baden. Bevor ich essen anfasse muss ich die Hände waschen, Trinkflaschen der Kinder dürfen nicht ins Spülbecken gestellt werden, weil da könnten ja Keime sein, die Zahnbürste darf das Waschbecken nicht berühren weil das ist ja "eklig" wie Klara (ein 6 Jahre altes Kind) mir erklärt hat. Und und und.... Achja und wenn ich oder wir in Urlaub waren, z.B. letzes Wochenende waren wir in New Yersey von Donnerstag bis Sonntag am beach, dann muss jeder seine Klamotten bevor man ins Haus darf ausziehen, sowie Koffer etc. in so einen Beutel der über Nacht bei 100C oder so alle Bakterien und Fiecher, die da ja sein könnten, abtötet.
Zu all dem kommt noch dazu dass, wie schon erwähnt, mein Lieblingsmensch hier und Bezugsperson (Verena) ins Rematch gegangen ist und nun in San Francisco wohnt. Ich hab zwar noch Elli und Mona (die aber im September und November auch gehen) mit denen ich mich super verstehe, aber die wohnen beide etwa eine Stunde von mir entfernt und da trifft man sich halt nicht mal eben so oder unter der Woche um ins Kino zu gehen. Ich benutze aktuell die App bumble oder so ähnlich (Dating app, die auch als Freunde finder app benutzt werden kann). Es ist irgendiwe voll komish, ich dachte immer, welches Opfer sucht sich denn Freunde via app? :D Nun ja, ich jetzt schon... Gestern hab ich eine Lisa getroffen, sie war au pair, hat geheiratet und ist geblieben. Sie ist ganz nett, aber keine Ahnung, sie ist keine Verena :D Sie ist mir zu lieb und eigentlich nicht ganz mein Typ Freundin, aber ja. Mit ihr könnte ich nie mit offenen Fenstern schreiend und mehr falsch als richtig singend über den Highway rasen, während wir die Hände raus halten als hätten wir ein Caprio, bitte genau so eine Person suche ich (fühlst du dich angesprochen, bitte melde dich unter der Nummer 004 222 hahaha).
Sehen wirs mal positiv:
Ich versteh mich immer besser mit meinen Gasteltern, vor allem mit Yasi hab ich langsam eine richtig gute Verbindung. Mit meinen Kindern komme ich auch immer besser klar. Am Anfang haben sie mir das Leben zu Hölle gemacht aber jetzt kann ich sie gut händeln (meistens) und wir haben auch schon ne richtig gute Beziehung. Kamran hat letzt zu mir gesagt ich bin das beste au pair das er je hatte, ein Tag später hat er aber gesagt, dass er mich nicht mag und mich niemals in Deutschland besuchen kommt (ja, weil ich wollte ihm nicht helfen seine Hose hochzuziehen, was er mit 4 Jahren doch schon selbst machen sollte).
Mein Zimmer ist immer noch ein Traum und ich hab meine eigene Klimaanlage (die immer aus ist hihi) und meine Fenster immer offen (bis 22 Uhr, dann muss ich sie schließen, wegen der Alarmanlage). Ich hab mich hier richtig schön eingelebt. Es gibt vieles was ich hier wirklich mag, wie das Kino, die Mall, Target, Annapolis und Auto fahren. Meine freien Wochenenden sind auch immer super, die konnte ich immer schön mit Verena verbringen weil sie die auch frei hatte (Mona und Elli arbeiten öfters) und generell um Wochenendtrips zu machen ist es auch perfekt. Was das Essen angeht und das Vorurteil alles sind hier fett und essen fett. In meiner Familie kommt nur Organic in den Kühlschrank und es wird sehr auf gesunde Ernährung geachtet. Da ich als vegetarierin in der Regel immer nur zum Abendessen esse was sie essen, ohne Fleisch, ist das auch teilweise gar nicht mal viel. Also meine Angst zuzunehmen wird sich (warhsheinlich) nicht ergeben. Muss ich echt erst in die USA gehen um abzunehmen? Scheint so :D
Aber auch wenn ich in der Stadt unterwegs bin oder in target. Hier sind nciht mehr dicke Leute als in Deutschland. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es hier sehr deutsch ist.
Letzte Woche waren wir in Stone Harbor "vacation". Es war super schön, am Samstag war ich auch zwei Stunden alleine am Strand und richtig gearbeitet hab ich auch nicht, es war eben ein Familien Urlaub. Wer auf weiße Beach Häuser mit Veranda steht, ist in dem Urlaubsort genau richtig! Der Strand war super schön! Der style dort hat mich so angesprochen. Und die kleine Stadt war richtig süß. Ich träume schon von meinem eigenem beach Haus dort, kostet auch nur 2 millionen, kein problem :D
Alles in allem fühle ich mich echt wohl in meiner Familie!
Sehen wirs mal realistisch:
Also, es gibt einige Sachen, die mich hier in der Familie sehr stören und die ich mich um einiges besser vorgestellt habe. Eigentlich bin ich genau in so eine Familie gekommen, weswegen ich nie au pair werden wollte. Würde ich jetzt noch einmal im matching Prozess sein, würde ich mich nicht noch mal für die Familie entscheiden. Trotzdem, hab ich alle schon so sehr ins Herz geschlossen, es ist nicht immer leicht, gerade jetzt wo Verena weg ist, aber ich seh das auch ein bisschen als challengen, what doesn´t kill you makes you stronger! Es ist wichtig für mich, dass ich mich nicht nur auf alles was mich stört konzentriere, ich versuche das auszublenden, bzw. zu akzeptieren und das Beste draus zu machen und dann ist es auch gar nciht mehr so "schlimm" ich kann dann sogar sagen, ich fühle mich richtig wohl hier. Und ich bin mir sicher, das einem Tief ein Hoch folgt, ich halte euch auf dem Laufenden!
Kira
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